Im April 2024 wurde im Amtsblatt der EU die Verordnung (EU) 2024/1157 „über die Verbringung von Abfällen, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1257/2013 und (EU) 2020/1056 und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006“ bekannt gemacht[1].
Diese neue Verbringungsverordnung ersetzt die Verordnung (EG) Nr. 1013/2006. Sie trat am 20. Mai 2024 in Kraft, gilt aber mit wenigen Ausnahmen erst ab dem 21. Mai 2026. Mit Artikel 86 der Verordnung (EU) 2024/1157 wurde für einige Bestimmungen ein abweichender Geltungsbeginn festlegt. Das bedeutet, dass die Verordnung 1013/2006 in wesentlichen Teilen bis zum 20. Mai 2026 gilt und zur Anwendung kommt. Einige Bestimmungen vor allem die Möglichkeiten der Kommission zum Erlass von delegierten Rechtsakten oder Durchführungsrechtsakten treten sofort in Kraft.
Auch der neu gefasste Art. 30 trat am 20.5.2024 in Kraft und ermöglicht nunmehr auch den Abschluss bilateraler Abkommen mit EFTA-Staaten. Bisher gibt es ein solches Abkommen von Deutschland nur mit Österreich, nun aber wäre ein entsprechendes Abkommen auch mit der Schweiz möglich.
Einführung des elektronischen Datenaustausches
Für Verbringungen innerhalb der EU wurde zur Erleichterung des Verfahrens die Umstellung auf elektronischen Datenaustausch festgelegt. Dies gilt vor allem für die Übermittlung von Daten und Informationen in Zusammenhang mit dem Notifizierungsverfahren und dem Verfahren gemäß Art. 18 für Grüne Abfälle. Dazu soll die Kommission ein zentrales System (Knotenpunkt) zum Austausch der Daten zwischen Behörden und Wirtschaftsbeteiligten betreiben. Die Mitgliedsstaaten können eigene verfügbare Systeme oder eigene Software betreiben, die mit dem zentralen System interoperabel sein müssen. Der Austausch von Informationen und Daten über die Verbringung von Abfällen wird somit zukünftig über eine zentrale elektronische Schnittstelle erfolgen. Gemäß Erwägungsgrund Nr. 28 soll das System nach angemessener Übergangszeit von 24 Monaten ab Mai 2026 zur Anwendung kommen.
Export von Abfällen
Die Bestimmungen zum Export von Abfällen wurden deutlich verschärft, sowie die aus der EU in OECD-Staaten exportierten Abfälle werden stärker überwacht. Ab 21. Mai 2027 müssen Exporteure den umweltgerechten Charakter ihrer Ausfuhren durch eine unabhängige Auditierung gemäß Art. 46 nachweisen.
Die Vorgaben für Exporte von Kunststoffabfällen wurden deutlich schärfer als für andere Abfälle gefasst. Der Export von Kunststoffabfällen in OECD-Länder unterliegt zukünftig strengeren Regeln durch die Verpflichtung zur Anwendung des Verfahrens der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung. Ferner wird der Export von nicht-gefährlichen Kunststoffabfällen (B3011) in Nicht-OECD-Staaten ab dem 26. November 2026 grundsätzlich verboten. Nicht-OECD-Staaten können aber einen Antrag an die EU-Kommission stellen, in dem sie sich bereit erklären, diese Altkunststoffe einzuführen und entsprechend zu behandeln. Auch für diese Exporte gilt das Notifizierungsverfahren.
Export grüner Abfälle in Drittstaaten
Die Verordnung (EG) Nr. 1418/2007 der Kommission vom 29. November 2007 über die Ausfuhr von bestimmten in Anhang III oder IIIA der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 aufgeführten Abfällen (sogenannte Grüne Abfälle), die zur Verwertung bestimmt sind, in bestimmte Staaten, für die der OECD-Beschluss über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen nicht gilt, wird mit Wirkung vom 21. Mai 2027 aufgehoben. Gemäß Art. 40 gilt dann ein Exportverbot, es sei denn die Drittstaaten sind auf einer Staatenliste aufgeführt, in der die entsprechenden Abfälle aufgelistet sind die exportiert werden dürfen. Eine Listung des Drittstaates kann auf Antrag bei der Kommission erfolgen. Der betreffende Nicht OECD-Drittstaat muss einen Antrag auf Aufnahme in die Staatenliste bei der Kommission einreichen. Gemäß Art. 42 in Verbindung mit Anhang VIII sind hierfür bestimmte Vorrausetzungen zu erfüllen. Die Kommission bewertet dann gemäß Art. 43 in Verbindung mit Anhang IX ob eine Aufnahme des Staates in die Staatenliste erfolgt. Bei positiver Bewertung, die dann erfolgt wenn der Drittstaat nachweist, dass er alle erforderlichen Maßnahmen getroffen hat um die Abfälle gemäß Art. 59 umweltgerecht zu behandeln, nimmt die Kommission den betreffenden Drittstaat gemäß Art. 80 mittels des Erlasses eines entsprechenden delegierten Rechtsaktes in die Liste auf.
Diese Staatenliste soll bis zum 21.11.2026 erstellt werden. Hierzu kontaktiert die Kommission bis zum 21.08.2026 die betroffenen Drittstaaten die bis zum 21.02 2025 den entsprechenden Antrag auf Listung einreichen können. Die Liste soll regelmäßig aber mindestens alle zwei Jahre aktualisiert werden.
Weitere Neuerungen
Neu ist ebenfalls ein Verbot für die Verbringung aller zur Beseitigung bestimmter Abfälle innerhalb der EU. Eine Ausnahme vom Verbot besteht, wenn nach vorheriger schriftlicher Notifizierung eine Zustimmung erteilt wurde.
Die Verbringung von grün gelisteten Abfällen zur Verwertung innerhalb der EU ist auch weiterhin nach einem weniger strikten Verfahren (Artikel 18) ohne Behördenbeteiligung, aber mit neuen Verpflichtungen und Fristen, möglich. So muss die veranlassende Person gemäß Kap. IV und Richtlinie 2008/89/EG genehmigt oder registriert sein. Eine Verbringung ist nur in eine genehmigte oder registrierte Anlage möglich. Die Bestätigung des Erhalts der Abfälle und deren Verwertung hat grundsätzlich elektronisch (analog bleibt aber möglich) zu erfolgen. Dadurch haben bei elektronischer Meldung sowohl die Kommission als auch die Vollzugsbehörden Zugriff auf diese Informationen.
Die Ausnahme für die Verbringung von Abfällen innerhalb der EU, die ausdrücklich zur Laboranalyse oder für Experimente bestimmt sind, wurde gemäß Art. 4 auf bis zu 250 kg angehoben. Diese Menge kann auf Antrag von den Behörden am Versandtort und Bestimmungsort aber erhöht werden.
Mit einem verbesserten Datenmanagement und einer besseren Kooperation beim Vollzug sollen illegale Abfallverbringungen stärker bekämpft werden.
Mit Einrichtung einer Durchsetzungsgruppe für Abfallverbringung gemäß Art. 66 ab Mai 2024 soll der Vollzug verbessert werden und auch illegale Verbringungen besser aufgedeckt oder verhindert werden.
Ermächtigungsgrundlagen für die Kommission
Die neue Verordnung enthält Ermächtigungsgrundlagen für die Kommission zum Erlass von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten, die seit 20.05.2024 gelten. So kann die Kommission u.a.
- gemäß Art.7 Abs. 10 die Machbarkeit der Festlegung einer einfachen risikobasierten und harmonisierten Berechnungsmethode für die Bestimmung der Sicherheitsleistung festlegen.
- Gemäß Art. 14 Abs. 3 mittels delegiertem Rechtsakt die Kriterien zur Beantragung des Status als vorabzugestimmte Anlage ändern,
- gemäß Art. 18 Abs. 5 mittels delegiertem Rechtsakt eine Ausfüllanleitung für Anhang VII zu erlassen,
- gemäß Art. 27, Abs. 2 und 5 zur elektronischen Übermittlung von Informationen und Dokumenten spätestens zum 21.05.2025 eine Durchführungsrechtsakt erlassen und zwar zur Festlegung
- der Anforderungen an die Interoperabilität zwischen dem zentralen System und anderen Systemen sowie von
- sonstigen technischen und organisatorischen Anforderungen,
- gemäß Art. 29 Abs. 3 und 6 Durchführungsrechtsakte zur harmonisierten Einstufung von Abfällen der Anhänge III, IIIA, IIB und IV zu erlassen, beispielsweise durch Festlegung von Kriterien wie Kontaminationsschwellenwerte.
[1] ABl. L, 2024/1157 vom 30.04.2024