Abfallwirtschaft

Dieser Beitrag gibt einen kurzen Überblick über die Entwicklung des Abfallrechts und der Abfallwirtschaft in Deutschland, kann und will aber nicht ausführlichere Darstellungen ersetzen. Er bietet durch Verlinkung Zugriff auf schwer zugängliche Materialien (Rechtstexte und Studien).

Einleitung

In der Regel versteht man also unter Abfällen alle festen und schlammförmigen Rückstände menschlicher Produktion und Konsumption, derer man sich entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Abfälle fallen schon seit Urzeiten in menschlichen Siedlungen an und wurden von Anfang an häufig außerhalb des Wohnbereichs abgelagert. Diese Entsorgungsvariante ist auch heute noch weltweit das überwiegend praktizierte Entsorgungsverfahren. Allerdings sind die Standards in den einzelnen Ländern höchst unterschiedlich: von der unkontrollierten Müllkippe bis zur geordneten Ablagerung auf Deponien mit Basisabdichtung und Nachsorge.

In der Wohlstandsgesellschaft war der Umgang mit Abfällen lange Jahre darauf beschränkt sich dieser, in der Regel durch Ablagerung, zu entledigen. Dies hat zu Umweltproblemen wie Boden- und Wasserbelastungen geführt.

Eine nachhaltige Abfallwirtschaft muss auf die Tragfähigkeit der Ökosysteme abgestimmt sein. Zwar produziert jedes Lebewesen Abfälle, es hatten sich jedoch im Lauf der Entwicklungsgeschichte Systeme wohlorganisierten Umgangs mit Stoffen herausgebildet.
„Alle Rest- oder Endprodukte biologisch chemischer Aktivitäten werden entweder in bestimmter Form (z.B. als Humus, Torf, Kohle) abgelagert oder aber abgebaut und wiederverwendet. Diese Organisation hat dazu geführt, dass sich alle Lebewesen zwar um ihre Stoffversorgung kümmern müssen, nicht aber um das Schicksal ihrer Stoffwechselprodukte, Ausscheidungen und Leichen. Auch im Menschen ist dieses biologische Erbe noch wirksam und erschwert eine bewusste Einstellung zu Abfällen. Die Art des menschlichen Umgangs mit Stoffen hat sich schon seit Jahrtausenden, verstärkt aber seit der industriellen Revolution, von der natürlichen Stoffwirtschaft z. T. irreversibel gelöst, und zwar vor allem durch gewaltige Stoffverlagerungen infolge Ein- und Ausfuhr, die die natürliche Stoffverteilung in der Biosphäre stark verändert haben, sowie durch Erzeugung vieler neuer Stoffe und Produkte, die sich nicht oder nur schwer in die natürlichen Stoffströme einfügen oder zurückführen lassen“ [SRU 1990].

Nachhaltige Abfallwirtschaft bedeutet, dass unvermeidbare Abfälle weitgehend verwertet werden und dass eine möglichst geschlossene Kreislaufwirtschaft betrieben wird. Bei der Forderung nach einer Kreislaufwirtschaft ist aber zu beachten, dass es selbst in der Natur nicht nur geschlossene Kreisläufe gibt, und dass es auch ökologische Grenzen für abfallwirtschaftliche Maßnahmen gibt. Diese dürfen nämlich in ihrer Gesamtheit die Umwelt nicht schwerer belasten, als dies die vermiedenen oder verwerteten Abfälle tun würden.

Entwicklung des deutschen Abfallrechts

Erste gesetzliche Grundlagen für die Abfallentsorgung in Deutschland wurden Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelt. Die damaligen abfallrechtlichen Regelungen waren allerdings auf einzelne Landesteile in Deutschland beschränkt und dort in das Ordnungs‑ und Polizeirecht eingebunden, wie beispielsweise in sanitätspolizeiliche Vorschriften. Erst nachdem die Zusammenhänge zwischen fehlender Stadthygiene und weit verbreiteten Krankheiten wie Cholera immer deutlicher wurden, legte man mehr Wert auf eine geordnete Entwässerung und Abfallentsorgung. Diese Tätigkeitsfelder wurden von den Kommunen als hoheitliche Aufgabe wahrgenommen. Die eingesammelten Abfälle wurden bis in die 1960er-Jahre fast ausschließlich auf die existierenden vielen kleinen Müllkippen verbracht.

In die Umweltpolitik der Bundesrepublik Deutschland fanden abfallwirtschaftliche Ziele erst ab etwa 1970 Eingang. Die Bundesregierung analysierte 1971 im Umweltprogramm die damalige abfallwirtschaftliche Situation, die gekennzeichnet war von dem Betrieb von ca. 50.000 kleinen, häufig ungeordneten Müllkippen. Auf diesen wurde zusammen mit Hausmüll auch gefährlicher Abfall (Sonderabfall) abgelagert. Die Kritik an diesem Zustand mündete vor allem in der Forderung, wenige zentrale und geordnete Deponien zu schaffen. Nachdem der Bund 1972 durch Änderung des Grundgesetzes die Gesetzgebungskompetenz für den Bereich des Abfallrechts erhalten hatte, erließ er das Abfallbeseitigungsgesetz.

Das Abfallbeseitigungsgesetz von 1972

Das Abfallbeseitigungsgesetz (AbfG) war primär ein Organisations- und Planungsgesetz, welches zum Ziel hatte, die ungeordnete sogenannte „Kippenwirtschaft“ durch organisatorische Vorgaben in geordnete Bahnen zu lenken. In erster Linie wurde dies dadurch erreicht, dass die Zuständigkeiten für die Abfallbeseitigung geregelt wurden. Das Gesetz war eindeutig beseitigungsbezogen. Bindende Verpflichtungen zur Abfallverwertung waren in diesem Gesetz nicht enthalten. Zielsetzungen zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen wurden erstmalig im Abfallwirtschaftsprogramm der Bundesregierung von Oktober 1975 formuliert.

Das Abfallgesetz von 1986

Im Rahmen der 4. Novelle des Abfallbeseitigungsgesetzes im Jahr 1986 wurde aus dem Abfallbeseitigungsgesetz das „Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen – Abfallgesetz„. In diesem Gesetz sind erstmals Grundsätze und Pflichten zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen enthalten. Im AbfG wurden unter anderem das Abfallverwertungsgebot, die Altölentsorgung, die Ermächtigung zum Erlass von Technischen Anleitungen und die Ausdehnung der abfallrechtlichen Überwachung auf Altlasten neu geregelt.

Die Ermächtigung zum Erlass von Technische Anleitungen wurde dazu genutzt die Entsorgung von gefährlichen Abfällen durch die TA Abfall und die Entsorgung von Siedlungsabfällen durch die TA Siedlungsabfall zu regeln.

Das im § 14 AbfG enthaltene Bündel von Verordnungsermächtigungen zur Durchsetzung von Vermeidung und Verwertung wurde genutzt um produktbezogene Regelungen im Vorfeld der Entsorgungspflicht zu erlassen. Bekanntestes Beispiel ist die Verpackungsverordnung (VerpackV), die nach einigen Novellen zum Verpackungsgesetz (VerpackG) weiter entwickelt wurde.

Kreislaufwirtschafts‑ und Abfallgesetz von 1994

Das Kreislaufwirtschafts‑ und Abfallgesetz (KrW-/ABfG) ist nach dem Abfallbeseitigungsgesetz von 1972 und dem Abfallgesetz von 1986 die dritte umfassende Revision des Abfallrechts in Deutschland.

Mit der Novelle galt es, u. a. auch europäische Richtlinien, wie die Abfallrahmenrichtlinie und die Richtlinie über gefährliche Abfälle, umzusetzen. Vorrangiges Ziel des KrW-/AbfG war es, die Abfallwirtschaft zur Kreislaufwirtschaft weiterzuentwickeln. Wichtige Eckpunkte des KrW-/AbfG waren die Umsetzung eines neuen, dem EU-Recht angepassten Abfallbegriffs, der Pflichtenhierarchie, einer erweiterten Produktverantwortung sowie einer teilweisen Neuordnung des Entsorgungssystems mit erweiterten Möglichkeiten zur Privatisierung der Entsorgung.

Neu war, dass der Anwendungsbereich des KrW-/AbfG grundsätzlich auch Stoffe erfasst, die bis 1986 in Abgrenzung zum Abfallbegriff des § 1 AbfG als sogenanntes Wirtschaftsgut bzw. Reststoffe im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 Bundes-Immissionsschutzgesetz bezeichnet wurden. Der Anwendungsbereich des KrW /AbfG wurde damit gegenüber dem AbfG von 1972 wesentlich erweitert.

Kreislaufwirtschaftsgesetz von 2012

Das Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz – KrWG) trat im Juni 2012 in Kraft. Das KrWG löste das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) ab. Mit dem KrWG werden Vorgaben der EU-Abfallrahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/98/EG) in nationales Recht umgesetzt.

Vorrangiges Ziel war es die Kreislaufwirtschaft noch stärker auf den Ressourcen-, Klima- und Umweltschutz auszurichten. Mit dem KrWG wurde der Abfallbegriff an die Abfallrahmenrichtlinie angeglichen und erweitert. Neu eingeführt wurde eine Regelung zur Abgrenzung zwischen Abfall und nicht dem Abfallrecht unterfallenden Nebenprodukten in § 4 und eine neue Vorschrift zum Ende der Abfalleigenschaft in § 5.

Kreislaufwirtschaftsgesetz von 2020

Ziel des erneut novellierten KrWG ist es das Ressourcenmanagement und die Ressourceneffizienz in Deutschland zu verbessern und insbesondere die Abfallvermeidung zu stärken. Die Recyclingquoten bestimmter Abfallströme, insbesondere von Papier, Metall, Kunststoff und Glas, aber auch von Siedlungsabfällen werden erhöht und die Pflichten zur Getrenntsammlung auf Bioabfall, gefährliche Haushaltsabfälle, Textilien und Sperrmüll erweitert.

Öffentliche Stellen werden dazu verpflichtet, künftig bei der Beschaffung ökologisch vorteilhafte Erzeugnisse zu bevorzugen. Recycelte Produkte sollen Vorrang in der öffentlichen Beschaffung bekommen. Mit dem Gesetz nimmt sich der Bund selbst in die Pflicht, beim Einkauf Produkte zu bevorzugen, die rohstoffschonend, abfallarm, reparierbar, schadstoffarm und recyclingfähig sind, sofern keine unzumutbaren Mehrkosten entstehen.

Mit einer neu geschaffenen Obhutspflicht hat der Staat in Zukunft erstmals rechtliche Handhabe gegen die Vernichtung von Neuware oder Retouren. Erstmals gibt es auch eine gesetzliche Grundlage, um Hersteller und Händler von Einwegplastikprodukten, wie „To-Go-Becher“ oder Zigarettenkippen, per Verordnung an den Reinigungskosten von Parks und Straßen zu beteiligen.

Quellen:

SRU 1990: SRU – Der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen: „Kurzfassung des Sondergutachtens Abfallwirtschaft“, herausgegeben vom Bundesumweltministerium, Bonn, September 1990